Ähnlich aber nicht gleich

Der Teufel steckt im Detail

Wirft man einen Blick in das Parteiengesetz 2012 so lässt sich auf dem ersten Blick kaum ein Unterschied zur Entstehung der Körperschaft als Rechtssubjekt erkennen.

So lautet die Verfassungsbestimmung des § 1 Abs 4 Parteiengesetz 2012 auszugsweise wie folgt:

Für die Gründung einer politischen Partei ist eine Satzung zu beschließen und beim Bundesminister für Inneres zu hinterlegen. Mit der Hinterlegung der Satzung erlangt die Partei Rechtspersönlichkeit.

Auch hier wird einerseits die Dualität des Gründungsprozesses sichtbar, andererseits die Entstehung des Rechtssubjektes mit Hinterlegung der Satzung.

Darüber hinaus entnehmen wir dem Parteiengesetz auch die Existenz eines öffentlichen Registers in dem diese Hinterlegungen eingetragen sind. So heißt es in § 1 Abs 4 Satz 4 Parteiengesetz 2012:

Der Bundesminister für Inneres hat ein öffentlich einsehbares Verzeichnis (Parteienregister) zu führen, welches den Namen der Partei, das Datum der erstmaligen Hinterlegung der Satzung und die für die Partei vertretungsbefugten Personen zu enthalten hat.

Insoweit sieht die Systematik zur „Geburt der Partei“ nicht viel anders aus als bei anderen Körperschaften. Jedoch hat sich der Verfassungsgerichtshof hinsichtlich der Entstehung der Politischen Partei noch unter der Geltung vom Parteiengesetz 1975 wie folgt geäußert:

Zwar trifft es zu, daß, wenn eine Satzung die in der vorstehenden lita aufgezählten Voraussetzungen nicht erfüllt, die Veröffentlichung und Hinterlegung der Satzung beim Bundesministerium für Inneres die in §1 Abs4 letzter Satz ParteienG vorgesehene Rechtsfolge – Erlangen der Rechtspersönlichkeit als politische Partei – nicht bewirkt (vgl. Matzka, aaO, S 45 f.). Aus dem unter II.3.b Gesagten aber folgt, daß – wenn anders den im §1 ParteienG normierten Voraussetzungen für die Gründung einer politischen Partei unter diesen Umständen überhaupt normative Bedeutung zukommen soll – alle Verwaltungsbehörden und alle Gerichte für Zwecke der bei ihnen anhängigen Verfahren incidenter zu beurteilen haben, ob die Behauptung einer dort auftretenden Personengruppe, als politische Partei Rechtspersönlichkeit zu besitzen, zutrifft oder nicht.

Verfassungsgerichtshof

B195/82, 01.03.1983

In einem weiterem Verfahren hat der Verfassungsgerichtshof diese Rechtsprechung präzisiert indem er feststellte:

Aus dieser Judikatur ergibt sich, daß alle Behörden gegebenenfalls verpflichtet sind, in den bei ihnen anhängigen Verfahren zu untersuchen, ob eine Vereinigung durch Hinterlegung ihrer Satzung als politische Partei Rechtspersönlichkeit erlangt hat.

Verfassungsgerichtshof

B682/86, 03.03.1987

In einem weiterem Verfahren hat der Verfassungsgerichtshof festhalten, dass er sich nicht veranlasst sieht von dieser Linie abzurücken:

Aus dieser Judikatur (von der abzurücken sich der VfGH nicht veranlaßt sieht) ergibt sich – entgegen dem ersten Kritikpunkt des Bf. -, daß jede Behörde gegebenenfalls verpflichtet ist, in den bei ihr anhängigen Verfahren incidenter zu untersuchen, ob eine Personengruppe durch Hinterlegung ihrer Satzung als politische Partei Rechtspersönlichkeit erlangt hat.

Verfassungsgerichtshof

B999/87, 25.06.1988

Auch das Inkrafttreten des Parteiengesetzes 2012 hat an dieser Rechtslage nichts geändert wie der Verfassungsgerichtshof feststellte:

Wie der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, räumt das Gesetz – insbesondere auch nicht §1 PartG – keiner Behörde die Befugnis ein, allgemeinverbindlich (bescheidmäßig) festzustellen, dass eine politische Partei Rechtspersönlichkeit erlangt hat oder nicht; vielmehr haben alle Verwaltungsbehörden und alle Gerichte für Zwecke der bei ihnen anhängigen Verfahren nach Maßgabe der ihnen auf Grund ihrer allgemeinen Aufgaben zur Verfügung stehenden Mittel incidenter zu beurteilen, ob eine Vereinigung durch Hinterlegung ihrer Satzung als politische Partei Rechtspersönlichkeit erlangt hat

(vgl. VfSlg 9648/1983, 11.258/1987, 11.761/1988).

Der BMI kommt sohin keine Befugnis zu, die Hinterlegung der Satzung zu verweigern oder sonstige, auf die Gründung der politischen Partei bezughabende, allgemein verbindliche Verfügungen oder Feststellungen zu treffen

(vgl. VfSlg
9648/1983, 11.258/1987).

An dieser Rechtslage hat auch das Inkrafttreten des Parteiengesetzes 2012 nichts geändert.

Verfassungsgerichtshof

B1179/2013, 27.02.2014

Dieser Rechtsprechung ist auch zu entnehmen, dass die Führung des Parteienregisters lediglich der Dokumentation dient:

Es verschlägt auch der Umstand nichts, dass das BMI gemäß §1 Abs4 PartG seit 1. Juli 2013 ein öffentlich einsehbares Verzeichnis zu führen hat, das den Namen der politischen Partei und das Datum der Hinterlegung der Satzung zu enthalten hat. Zweck dieses Verzeichnisses ist nämlich ausschließlich die (öffentlich einsehbare) Dokumentation der erfolgten Satzungshinterlegungen. Daher hat das BMI auch bei Durchführung dieser – von jener zur Entgegennahme von Satzungshinterlegungen zu unterscheidenden – Aufgabe die Rechtspersönlichkeit der Vereinigungen, die Satzungen hinterlegt haben, nicht – also weder allgemeinverbindlich noch incidenter – zu beurteilen.

Verfassungsgerichtshof

B1179/2013, 27.02.2014