Die Altparteien

Von der strittigen Frage zur Rechtspersönlichkeit zum politischen Wettbewerbsvorteil

Hintergrund für die Erlassung des Parteiengesetzes war die Frage der staatlichen Parteienfinanzierung. Dabei war die bis dahin strittige Klärung der Rechtsfähigkeit Politischer Parteien immanent. Bis zu diesem Zeitpunkt war die faktische Rolle der Politischen Parteien nur marginal kodifiziert.1 Heute wird wohl niemand mehr an der Rechtsfähigkeit der Altparteien ernsthaft einen Zweifel hegen. Dies insbesonders deshalb nicht, weil der OGH dieser Frage bereits in seiner Spruchpraxis nachgegangen ist.

So hat sich der Gerichtshof ua mit der Frage auseinandergesetzt, ob auch Altparteien verpflichtet sind ihre Statuten beim BMI zu hinterlegen:

Auch die zur Zeit des Inkrafttretens des PartG bereits bestandenen Parteien sind verpflichtet, gemäß § 1 Abs 4 PartG ihre Statuten beim Bundesministerium für Inneres zu hinterlegen, sofern sie nicht bereits als Verein organisiert sind; dies gilt auch für jene Unterorganisationen dieser Parteien, denen die Statuten der „Mutterpartei“ das Recht auf Organisation in Form eigener Rechtspersönlichkeit gestattet. Die Verletzung dieser Verpflichtung ist allerdings sanktionslos.

OGH

RS0071145; Gz: 8Ob605/90; 5Ob357/97d; 16.09.1997

Allgemeinverbindliche Feststellung zur Parteifähigkeit der ÖVP Landesparteiorganisationen

Bemerkenswert ist, dass der OGH in seiner Spruchpraxis anders als vom VfGH gefordert eine allgemeinverbindliche Feststellung hinsichtlich der Parteifähigkeit gleich mehrerer Landesparteiorganisationen einer Altpartei trifft.

Den Landesparteiorganisationen der ÖVP kommt Parteifähigkeit auch dann zu, wenn die „Mutterpartei“ und ein Teil der selbständigen Unterorganisationen, nicht jedoch alle, vom Recht der Hinterlegung der Satzung Gebrauch gemacht haben.

OGH

RS0071150; Gz.: 8Ob605/90; 2Ob2026/96x; 5Ob357/97d; 6Ob89/14b; 4Ob118/19k, 24.10.2019

Allgemeinverbindliche Feststellung zur Parteifähigkeit der SPÖ Landesorganisation Kärnten

Ebenfalls zur SPÖ hat der OGH eine allgemeinverbindliche Feststellung hinsichtlich der Parteifähigkeit der Landesorganisationen Kärnten getroffen.

Auch; Beisatz: Der Sozialdemokratischen Partei Österreichs, Landesorganisation Kärnten, kommt trotz ihres Verstoßes gegen die in § 1 Abs 4 PartG (BGBl 1975/404) normierte Verpflichtung zur Hinterlegung ihrer Satzung beim BMfI Rechtsfähigkeit zu. (T2)

OGH

Gz: 5 Ob 357/97d, 16.09.1997

Allgemeinverbindliche Feststellung zur Rechtspersönlichkeit der Alten Politischen Parteien

Mit der allgemeinverbindlichen Feststellung hinsichtlich der bisher bestehenden Politischen Parteien wurde die zuvor strittige Frage für die Altparteien geklärt.

Durch das Parteiengesetz wurde die Rechtspersönlichkeit der bisher bestehenden politischen Parteien nicht aufgehoben. Sie bestehen unverändert weiter.

OGH

RS0009097; Gz: 5 Ob 357/97d, 1Ob663/79; 4Ob600/88; 8Ob605/90, 29.11.1990

Geklärte Rechtslage für die Alten Politischen Parteien

In einer Auseinandersetzung zwischen dem damaligen Kärntner Landeshauptmann Dr. Jörg Haider und der ÖVP hat sich der OGH auch mit dem telos des (alten) Parteiengesetzes befasst. Das Ergebnis zeigt dass der Gesetzgeber das was er objektiv erreicht hat, nicht ganz dem entspricht dem nach dem Parteiengesetz neu gegründete Parteien gegenüberstehen.

Sinn und Zweck des PartG kann es nur sein, durch den einfachen Weg der Hinterlegung der Satzung, die einen bestimmten Mindestinhalt hinsichtlich der Vertretung nach außen enthalten muß, eine für jedermann leicht überschaubare und gleiche Rechtslage für alle politische Parteien, also auch für die sogenannten „Altparteien“ (ÖVP, SPÖ, KPÖ) herbeizuführen.

OGH

RS0071149; Gz: 8Ob605/90, 29.11.1990; Veröff: SZ 63/216

Vorteil der Altparteien

Im Ergebnis ist sichtbar, dass die beiden Höchstgerichte in ihrer Spruchpraxis nicht ganz auf einer Linie sind. Während der Verfassungsgerichtshof eine allgemeinverbindliche Feststellung über die Rechtspersönlichkeit der Politischen Parteien überhaupt ablehnt, hat der OGH diese Frage hinsichtlich der Altparteien – und nur für diese – abschließend geklärt. Damit besteht aber nicht „eine für jedermann leicht überschaubare und gleiche Rechtslage für alle politische Parteien“ sondern eine unterschiedliche, da es die Rechtssicherheit, die für die Altparteien nun existiert, bei neueren Kleinparteien nicht vorhanden ist.

  1. Vgl. Öhlinger/Eberhard, Verfassungsrecht, Rz 361, 367 ↩︎